Leitfaden für digitale Barrierefreiheit

By Inviqa

Warum digitale Barrierefreiheit

Am 3. Dezember eines jeden Jahres findet der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung statt – ein von den Vereinten Nationen ausgerufener Gedenk- und Aktionstag, der das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Probleme von Menschen mit Behinderung wachhalten soll.

Doch auch die digitale Barrierefreiheit spielt dabei keine geringere Rolle. Eines der grundlegenden Prinzipien der digitalen Barrierefreiheit ist es, Webseiten so zu gestalten, dass sie sich flexibel an die verschiedenen Bedürfnisse der Nutzer oder
persönliche Situationen anpassen.

Jeder profitiert von einer guten User Experience, aber für viele Menschen ist digitale Barrierefreiheit eine zwingende Anforderung, sonst können sie nicht am Alltagsleben teilhaben.

Heutzutage haben ein Fünftel aller Kunden Behinderungen oder Einschränkungen.

Wir haben folgenden Leitfaden für die digitale Barrierefreiheit mit den wichtigsten Punkten zusammengestellt, um nachhaltige Veränderungen für Kunden mit besonderen Zugänglichkeits-Anforderungen zu bewirken.

Obwohl 20 % der Kunden einen Bedarf an Web-Accessibility / Barrierefreiheit haben (eine Zahl, die über das Rentenalter hinaus auf 30 % ansteigt), sind aktuell weniger als 10 % der Unternehmen mit einem gezielten Plan darauf vorbereitet, ihre Online Angebote und Services behindertengerecht anzupassen. 

Unser Leitfaden für digitale Barrierefreiheit unterstützt Sie dabei, noch heute mit der Transformation der Customer Experience Ihrer Kunden zu beginnen.

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Informieren Sie Ihre Teams darüber, warum digitale Barrierefreiheit so wichtig ist

Dabei geht es um eine wichtige Botschaft, die in Ihre Teams eingebunden werden muss. Diese Botschaft lautet, dass es bei der digitalen Barrierefreiheit / Accessibility nicht um Wirtschaftlichkeit oder Compliance geht, sondern darum, allen Kunden gleichermaßen eine großartige Customer Experience zu bieten.

Alle Kunden sollten Ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen in vollem Umfang nutzen können. Die Behebung von Benutzer-Problemen betroffener Menschen sollte nicht nur eine moralische Verpflichtung sein, sondern allen eine Verbesserung der User Experience, übrigens auch für nicht betroffene Nutzer, ermöglichen.

Beispielsweise wurde das Verfassen von SMS Nachrichten als Kommunikationshilfe für Gehörlose entwickelt, aber es hat die mobile Telekommunikation für uns alle verändert. Die Verwendung von Untertiteln half Menschen mit Hörbeeinträchtigungen, aber denken Sie daran, wie viele Anwendungsfälle es heutzutage für die Anzeige von Videos in lauten Geräuschkulissen gibt.

Digitale Barrierefreiheit / Accessibility kommt jedem zugute, weil die Bedürfnisse danach permanent, temporär oder situativ sein können. Wenn Sie Ihre Website beispielsweise jemandem zugänglich machen, der während des Militärdienstes einen Arm verloren hat, profitiert auch Ihr Kunde mit dem gebrochenen Arm oder ein Weiterer, der sein Baby im Arm hält.

Aus diesen Gründen ist es wichtig, die digitale Barrierefreiheit / Accessibility zu einem wichtigen Thema in Ihrem Unternehmen zu machen, z. B. durch spezielle Schulungen von erfahrenen Dritten.

Weisen Sie aktiv in Ihren Büroräumen auf  digitale Barrierefreiheit / Accessibility hin und fördern Sie den Wissensaustausch durch Lunch-and-Learning, Slack-Communities und Workshops.

Digitale Barrierefreiheit / Accessibility sollte ein entscheidendes Auswahlkriterium bei der Technologie ihrer Webseite darstellen. Arbeiten Sie nur mit Technologielösungen und Partnern zusammen, die dies bereits integriert haben. Ein Design, das die digitale Barrierefreiheit von Beginn an inkludiert, ist preiswerter, als ein bereits bestehendes System nachzurüsten.

Wussten Sie, dass 20% Ihrer Zielgruppe Bedarf an digitaler Barrierefreiheit hat?


Gesetzgebung zur digitalen Barrierefreiheit

Abgesehen von den wirtschaftlichen und moralischen Faktoren ist die digitale Barrierefreiheit / Accessibility eine regulatorische Anforderung und die Gesetzgebung ändert sich fortlaufend.

Wir haben einige Gerichtsverfahren gegen Webseiten Anbieter verfolgt, die Benutzer ausschließen: der Oberste Gerichtshof hat beispielsweise Domino‘s Pizza und andere Einzelhändler verklagt, deren Webseiten nicht den Accessibility / Zugänglichkeits-Anforderungen entsprachen.

Dies war zwar ein US-amerikanischer Fall und bezog sich auf das amerikanische Behindertengesetz, aber es ist eines von vielen Beispielen dafür, dass eine internationale Marke in den USA verklagt wurde. Da die Mehrheit der Einzelhändler international verkauft und versendet, sind tatsächlich viele gefährdet, deren Webseiten nicht barrierefrei zugänglich sind.

Mit Hilfe der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG 2.1) können Sie festzustellen, ob Ihre Webseite konform ist.


Richtlinien und Standards für die digitale Barrierefreiheit

Standards und klar definierte gesetzeskonforme Regeln schaffen Konsistenz für barrierefreie Webseiten.

Sie wurden von der W3C Web Accessibility Initiative (WAI) entwickelt. Zusammen mit unterstützenden Hilfsmitteln können Unternehmen die digitale Barrierefreiheit / Accessibility dadurch besser verstehen und umsetzen.

WCAG 2.1 ist die neueste Version der Web Content Accessibility Guidelines und deckt eine Vielzahl von Empfehlungen ab, um Webinhalte besser zugänglich zu machen. Die Accessible Rich Internet Applications (WAI-ARIA) hingegen ist eine technische Spezifikation, die definiert, wie Webinhalte und Anwendungen für Menschen mit Behinderungen besser zugänglich gemacht werden können.


Schulen Sie Ihre Teams in Bezug auf die Bandbreite der Anforderungen

Ihre Teams müssen verstehen, dass die Anforderungen an die digitale Barrierefreiheit / Accessibility sehr unterschiedlich sind.

Seh- oder Hörbehinderungen zählen zu sensorischen Behinderungen und die Bedürfnisse dieser Kunden können stark variieren. Ein blinder Kunde kann beispielsweise in Verbindung mit einem Screenreader mit einer Tastatur durch Ihre Webseite navigieren, während ein visuell eingeschränkter Kunde, der eine Maus oder ein Trackpad verwendet, die Textgröße oder Vergrößerung Ihrer Webseite ändern möchte. Letzteres ist ein gutes Beispiel dafür, warum Sie Ihre Seiten so gestalten müssen, dass die Benutzer ihre Erfahrungen individuell anpassen können.

Kunden mit körperlichen Behinderungen oder Mobilitätseinschränkungen hingegen müssen möglicherweise auf Ihre Inhalte mithilfe einer Diktiersoftware zugreifen, ohne einen Bildschirm oder eine Tastatur berühren zu können. Kunden mit kognitiven Erkrankungen wie ADHS, Dyspraxie oder Sprachverarbeitung werden wieder ganz andere besondere Bedürfnisse haben.

Das Entscheidende: Stellen Sie sicher, dass Ihre Webseite so vielen unterschiedlichen Bedürfnissen wie möglich entspricht, damit Sie keinen Ihrer potentiellen Kunden ausschließen.


Durchführung eines Web Accessibility Audits 

Ein Web Accessibility Audit ist ein idealer erster Schritt, um die Online-Zugänglichkeit zu verbessern. Sie können manuell, automatisch, halbautomatisch oder eine Mischung aus all diesen sein. Ein typisches Audit umfasst etwa 25-30 Seiten, um alle wichtigen Inhalte Ihrer Webseite zu testen.

Ein guter Ausgangspunkt sind Online-Tools und Plug-Ins, z. B. WAVE Evaluation Tool, Lighthouse von Google und Spark Contract Checker für Sketch. Damit können Sie relativ schnell einige der wichtigsten Problembereiche Ihrer Webseite aufdecken.

Diese Tools vermitteln aber nicht die gesamte Bandbreite; es ist nicht garantiert, dass Ihre Webseite WCAG-konform ist, auch wenn keine Fehler mit Ihrem Accessibility Plugin markiert wurden. Online-Tools sind ein guter Einstieg, ersetzen aber keinen durchdachten, manuellen Prozess eines Audits.

Aus diesem Grund ist die Zusammenarbeit mit einem Spezialisten für digitale Barrierefreiheit / Accessibility ratsam. Inviqa bietet ein umfassendes Accessibility-Portfolio an, das Beratung, Audits, Code-Änderungen und vielseitige Usability-Tests beinhaltet.

Durch die einzigartige Kombination aus Erfahrung und Expertise in den Kompetenzfeldern Digital Analytics und Optimierung, Digital Marketing und der Konzeption und Implementierung technischer Lösungen ist es uns so möglich, inklusive und
zugleich konversionsstarke Shop-Systeme und Customer Experience Plattformen für unsere Kunden zu realisieren.

Wir beginnen in der Regel mit der Überprüfung Ihrer Webseite und erstellen einen detaillierten Bericht aller Probleme in Bezug auf die digitale Barrierefreiheit / Accessibility. Sie erhalten ausführliche und priorisierte Empfehlungen, wie Sie diese Probleme konstruktiv und technisch beheben können.

Wenn Sie es vorziehen, ein Accessibility Audit intern durchzuführen (zumindest zunächst), sollte Ihr Team ein Web Accessibility Training buchen, um die aktuellen Standards kennenzulernen.

Auf Accessibility im Web sind wir alle irgendwann, zumindest temporär, angewiesen. Daher muss dem Thema Accessibility auf dem Weg zu einer guten User Experience ausreichend Platz eingeräumt werden. Sowohl durch festgelegte Standards als auch durch das Testen mit realen beeinträchtigten Menschen.


Tests mit betroffenen Kunden

Accessibility Audits ermöglichen in kurzer Zeit und auf relativ kostengünstige Weise einen tiefen Einblick. Sie können aber den
Wissenstransfer verbessern und sich tiefer in das Thema einbringen, indem Sie Accessibility-Tests durchführen, die Sie in den Audits nachgewiesen haben.

Bei den Accessibility-Tests werden betroffene Kunden gebeten, häufige Aufgaben auf Ihrer Webseite zu erledigen, während ein Moderator alle Herausforderungen aufzeichnet. Viele Organisationen, wie z. B. die britische Disability Rights Commission, schwören auf diesen Prozess. Sie sind davon überzeugt, dass Usability-Tests mit betroffenen Kunden die erfolgreichste Methode ist, um sicherzustellen, dass Ihre Webseite optimale Zugänglichkeit bietet.

Eine Herausforderung besteht jedoch darin, dass Sie etwa 30 Benutzer benötigen, um statistisch valide Accessibility-Tests durchzuführen, da die Anforderungen sehr unterschiedlich sind (z. B. benötigen Sie 5-6 Personen, die Screenreader verwenden, weitere 5-6 Personen, die Screenlupen verwenden, usw.).

Dies kann ziemlich kostspielig sein. Ein einfacherer und unserer Erfahrung nach sehr zielführender Weg wäre (wenn auch ein Ansatz, der nicht das gleiche statistische Gewicht hat), Benutzer mit Behinderungen als Teil Ihrer regelmäßigen
Usability-Tests zu gewinnen. Auf diese Weise können Sie digitale Barrierefreiheit und Usability-Probleme frühzeitig identifizieren und beheben.


Gross denken, klein anfangen

Es ist durchaus möglich, sich von den auftretenden Problemen der digitalen Barrierefreiheit / Accessibility, die durch ein Audit aufgedeckt wurden, verunsichern zu lassen. Aber die Lösung kleinerer Probleme kann Ihre Ausgangssituation drastisch verbessern – denken Sie definitiv groß, aber fangen Sie klein an!

Wenn Ihre Webseite auf einem CMS oder einer anderen vordefinierten Lösung basiert, verwenden Sie barrierefreie Designs und Plugins. Identifizieren Sie Ihre Kernseiten und verknüpfen Sie sie mit den WCAG-Richtlinien und Ihren Empfehlungen zur
digitalen Barrierefreiheit / Accessibility.

Hier sind einige Beispiele für häufige Usability-Probleme mit einigen relativ einfachen Korrekturen:

Einhaltung der Richtlinien für den Farbkontrast:

Nach WCAG 2.1 muss der Farbkontrast von interaktiven Komponenten und Benutzeroberflächen ein Kontrastverhältnis von mindestens 3:1 aufweisen. Ohne dies können Benutzer mit Sehbehinderungen möglicherweise eine Komponente auf Ihrer Webseite nicht verstehen oder vollständig mit ihr interagieren. Achten Sie auf ein weißes Webformular mit hellgrauen Konturen um die Formularfelder. Die Änderung der Kontur in eine Farbe mit einem Kontrastverhältnis von mindestens 3.1. ist einfach und macht einen großen Unterschied für Sehbehinderte.

Bereitstellung einer Tastatur-Navigation:

Können Tastatur-Benutzer mit allen Komponenten und Funktionen auf Ihrer Website so interagieren, wie es Benutzer mit einer Maus können? Menüs (insbesondere wenn ein Benutzer mit der Maus über ein Element fährt, um mehr Inhalte zu laden) sind ein häufiges Problem. Bei vielen Tastaturproblemen gibt es eine einfache Lösung, wie z. B. eine kleine Anpassung an den Code einer Komponente.

Korrekter Text für die Bildbearbeitung:

Vermittelt ein Bild auf Ihrer Webseite Informationen, die für einen blinden Benutzer nützlich sind, oder ist es rein dekorativ? Wenn es Letzteres ist, sollte Ihr Alt-Text die Null <alt=““> verwenden, damit Screenreader das Bild ignorieren. Der Alt-Text für
Informationsbilder sollte klar und prägnant sein.

Entfernen Sie unnötige Bildunterschriften und teilen Sie bei verknüpften Bildern die Aktion mit, die eingeleitet wird, z. B. wohin der Link den Benutzer führt.

Richtige Struktur und Navigation:

Ist Ihre Website gut strukturiert, mit klaren Überschriften, Bezeichnungen und Linktexten? Ist sie einfach zu bedienen und zu navigieren? Stellen Sie sicher, dass Ihre digitalen Inhalte in überschaubare Abschnitte mit klaren und anschaulichen Unter-Überschriften, Absätzen und Listen strukturiert sind. Der Benutzer sollte jederzeit wissen, auf welcher Seite er sich befindet und wie er auf andere Seiten wechseln kann – zum Beispiel, indem Sie einen Link "Zurück zur Homepage" einfügen.

Audio und Video:

Stellen Sie keine automatische Audio- oder Video-Wiedergabe ein und überprüfen Sie, dass Text-Transkripte für Audio- und Videoinhalte verfügbar sind. Formulare und Spamschutz: Geben Sie Besuchern die Möglichkeit, ihre Sitzung zu verlängern – zum Beispiel beim Ausfüllen eines Formulars. Beachten Sie, dass ein gewisser Spamschutz potenzielle Kunden ausschließen kann. Verwenden Sie daher Alternativen, wie z. B. textbasierte Logikprobleme.


Das Wichtigste aus unserem Leitfaden zur digitalen Barrierefreiheit

  • Ziel der digitalen Barrierefreiheit / Accessibility ist es, die Customer Experience zu verbessern; es sollte nicht nur um die Einhaltung technischer Vorschriften gehen.
  • Digitale Barrierefreiheit / Accessibility ist nicht kompliziert, und jeder mit grundlegenden Webdesign-Kenntnissen kann sie umsetzen.
  • Compliance ist nicht gleichbedeutend mit Usability. Eine WCAG-konforme Webseite ist nicht unbedingt eine barrierefreie Webseite, und eine zugängliche Webseite ist möglicherweise nicht wirklich WCAG-konform. Wenn Sie Ihre Webseite nicht erfolgreich mit betroffenen Personen mit realen Anforderungen getestet haben, können Sie dies nicht sicherstellen.
  • Beziehen Sie digitale Barrierefreiheit / Accessibility von Anfang an in Ihre Design- und Development-Guidelines und Systeme mit ein. Es spart Ihnen Zeit und Kosten im weiteren Verlauf.
  • Fortlaufendes Testen: Denken Sie während der Erstellung einer barrierefreien Webseite daran, jede einzelne Seite fortlaufend zu testen und nutzen Sie dabei Screenreader und andere unterstützende Technologien, die auch Ihre beeinträchtigten Kunden verwenden.

Die Intention vom Internationalen Tag für Menschen mit Behinderungen und dem britischen Purple Tuesday ist ein Bewusstsein für die Bedürfnisse beeinträchtigter Kunden zu schaffen. Nutzen Sie diese internationale Veranstaltung und reflektieren Sie, wo sich Ihr Unternehmen in Bezug auf digitale Barrierefreiheit / Accessibility befindet und wie Sie positive und nachhaltige Veränderungen für Ihre Kunden mit Behinderungen bewirken können.


 

Unsere Services zur digitalen Barrierefreiheit

Unsere erfahrenen Berater und Software-Ingenieure stellen die Barrierefreiheit in den Mittelpunkt Ihrer digitalen Customer Experience. Wir unterstützen Sie zum Thema Web-Accessibility und digitaler Barrierefreiheit mit:

  • Website-Audits
  • Design und Entwicklung 
  • Schulung zur Barrierefreiheit im Internet  
  • Web-Accessibility-Tests  

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